Vorstadtverein
Nürnberg-Laufamholz e.V.
Aufgeschrieben von Enkeltochter Tanja Gebhardt nach Erzählungen.
Kindheit Geboren wurde Oma am 24.11.1916 in Laufamholz als Tochter von Edmund Otto und Katharina "Käthe" Roth. Ihre Mutter Käthe (14.08.1895 - 04.04.1962) war eine echte Laufamholzerin und von Beruf Uhrmacherin. Ihr Vater Edmund (14.06.1880 - 1943) kam aus Tröchtelborn und war damals noch im Krieg als Seemann. Deshalb musste ihre Mutter auch die Familie ernähren und in der ersten Zeit meine Oma den Tag über zu einer Frau aus der Nachbarschaft geben.
Damals wohnten sie in " Laufamholz, Haus Nr. 61" im Erdgeschoss. Das Haus (1. oder 2. Hinterhaus) musste sich in der heutigen Hirschbacher Straße zwischen Brandstraße und Hegendorfer Weg befunden haben und wurde in den 70er Jahren abgerissen.
1920 kam dann Bruder Hans auf die Welt und es erfolgte ein Umzug in das Reihenhaus in der Laufamholzstr. 250 in den 1. Stock. (Im Erdgeschoss wohnten Omas Onkel Hans und Tante "Lini".) Sie war im evangelischen Kindergarten am Doktorsfeld. Als Haustiere hatte sie zuerst ein Eichhörnchen, dann eine Katze und später den süßen Hund "Lumpi", der leider von einem anderen Hund tot gebissen wurde.
Einmal spielte Oma mit ihrer Freundin mit Puppen und die Freundin kam auf die Idee, die Puppe samt Wagen vom Fenster herunterzulassen. Natürlich fing die Freundin beides nicht richtig auf und es ging kaputt. Oma musste dann warten, dass sie zum nächsten Weihnachtsfest wieder eine Puppe bekam.
Weitere wichtige Familienverhältnisse möchte ich noch erwähnen. Ihr Onkel Konrad Ruppert (*16.09.1890) war Architekt und wohnte über dem Gasthaus "Goldene Krone" (Familie Schabdach) in der Moritzbergstraße (im 1. Stock links). Er war Mitglied im "Pfeifenclub Laufamholz". (In das Vereinslokal hatte er es nicht weit, denn die Treffen fanden in der "Goldenen Krone" statt.)
Eine gewisse Tante "Lisl" heiratete den Witwer Herrn Sanner (Georg ?), so dass ein guter Kontakt zu der Bäckerei Sanner entstand. Allerdings wurde die Ehe ca. 1947 / 48 wieder geschieden.
Schulzeit 1922 bis 1930 besuchte Oma das Schulhaus in der Moritzbergstraße. (Ab dem Schuljahr 1926/27 gab es ja die 8. Klasse.) Unterricht hatte sie immer im Erdgeschoss (links zum Hof hin). In den Pausen gab es die sogenannte Quäkerspeise, bestehend aus Milch und einem Brötchen. Als Lehrer hatte sie Herrn Hans Murrer und Herrn Ernst August Kachelries. Beim Lehrer Murrer war sie aber nicht sonderlich beliebt, deshalb machten sie bei ihm öfters Klingelstreiche an der Haustür. Lehrer Georg Kuhr wohnte in der Nachbarschaft und seine Tochter hatte ihr Schlafzimmerfenster unten (während die Eltern oben schliefen). In der Rübenzeit haben sie das Kind dann mit ausgehöhlten und beleuchteten Rüben erschreckt, die sie auf dem Fenster platzierten. An einem Nachmittag sollte dann die ganze Schulklasse nachsitzen, weil keiner verriet, wie ein Blumentopf zu Bruch ging. Als der Lehrer aber die Kinder alleine lies, kletterten sie einfach zum Fenster raus und gingen nach Hause. Natürlich ohne Schultaschen, so dass sie am nächsten Tag auch keine Hausaufgaben gemacht hatten. Aber auch die andere Dorfbevölkerung war vor Streichen nicht sicher. So wurde beim Bauern Loos einmal Fleisch stibitzt. Ab dem Alter von ca. 10 Jahren spielte Oma ein paar Jahre lang mit dem ein Jahr jüngeren Neffen von Herrn Baron von Leuckart auf der Oberbürg, wenn dieser in den Schulferien zu Besuch kam. Das ganze kam so, dass ihr Onkel Konrad Ruppert als Architekt auch den Baron kannte und dieser sich mit der Frage nach einem geeigneten Spielkameraden für seinen Neffen an ihn wandte. Der Junge hatte eine Hasenscharte. Besonders beeindruckend fand sie immer den Spiegelsaal auf der Oberbürg.
Lehrzeit Oma absolvierte ab 1930 eine Lehre als Uhrmacherin in der "Köhler-schen Uhrenfabrik". (Da es sich hierbei um den 2. größten Betrieb in Laufhamholz handelte, ist es nicht verwunderlich, dass auch ihre Mutter dort arbeitete und ihr Bruder eine Lehre machte.) Oma arbeitete im 2. Stock des langen Gebäudes. Die normaleArbeitszeit war von 7.00 - 12.00 und von 13.00 -17.00 Uhr. Vor der Arbeit fuhr Oma Brötchen für das Cafe Linhard in Hammer aus. Ihre Mutter trug die Backwaren in Hammer und Laufamholz aus, weil sie nicht Fahrradfahren konnte. Oma fuhr bis nach Unterbürg. (Der Schloßherr soll nicht so nett gewesen sein.) In der Freizeit liebte Oma das Wasser. Sie war eine gute Schwimmerin. Wenn sie auf ihre Mutter sauer war, schwamm sie nach Mühlhof rüber und blieb dort unbeobachtet sitzen. Sie war auch im Schwimmverein, allerdings in Fürth, weil es dort ein modernes Hallenbad gab. Mit ihren Freunden Heiner, dessen Bruder Fritz, Opa und einem Herrn Mang gründete sie einen eigenen Paddelbootverein, der dann allerdings von den Nazis verboten wurde.
Familie Liebstädter Ihnen möchte ich ein extra Kapital widmen, weil Frau Liebstädter total nett ist, die ich 1999 sogar als Überraschung für Oma in Jerusalem aufspürte und in Kontakt mit ihr stand!
Die jüdische Familie Liebstädter bestand aus Dr. Rudolf Liebstädter (einem Rechtsanwalt mit Kanzlei in Nürnberg), seiner Frau Ursula "Ursel" (* ca. 1903 in Berlin) und den Mädchen Bärbel (* ca. 1928/29) und Ruth (* ca. 1932). Sie bewohnten das Erdgeschoss und einen Anbau der Villa von der Witwe Frau Hüller. (Diese befand sich an der Laufamholzer Straße kurz vor Hammer und wurde nach dem Tod von Frau Hüller abgerissen.)
Kennen gelernt hatte Oma die Liebstädters ca. 1930, weil eine Freundin "Elschen" ihrer Mutter dort als Haushälterin tätig war. Oma hat die kleine Bärbel betreut und es entwickelte sich ein sehr gutes Verhältnis zur ganzen Familie. Außerdem waren sie sehr großzügig und zahlten sogar den Dienstausfall, wenn Oma mal von der Arbeit weg musste, um außerplanmäßig nach Bärbel zu sehen.
1933 flohen sie vor dem Nationalsozialismus in einer Nacht- und Nebelaktion über Holland nach Jerusalem. Dort stirbt kurz darauf Bärbel an einer Blutvergiftung. Die Mutter von Herrn Liebstädter lebte bei der Wörder Wiese und überlebte den Nationalsozialismus nicht. Sie wurde deportiert, wie Oma bei einem Besuch von den Nachbarn erfuhr. Ursel Liebstädter schickte Oma während des Krieges einen wertvollen Ring als Dank, der sich als sehr nützlich erwies. Sie wurde in Jerusalem 3-fache Groß- und 9-fache Urgroßmutter.
Heirat mit Opa und Gründung einer Familie Mein Opa Robert Baer (08.08.1912 - 21.12.1999) war vom 15.09.1933 bis zum 24.07.1934 in Mühlhof zum Arbeitsdienst. Oma hatte wiederum auf dem Bauernhof in Mühlhof eine Schulfreundin, die sie öfters besuchte. Nach Mühlhof kam man von Hammer aus per Kahn. (Die Anlegestelle für Boote befand sich hinter dem Kontorshäuschen.)
Kennen gelernt haben sich beiden dann 1934, als Oma ihre Freundin besuchen wollte. Opa befand sich am anderen Ufer und fuhr Oma mit dem Boot rüber, so kamen sie ins Gespräch und verliebten sich in einander.
Am 28.05.1938 heirateten die beiden in der Kirche zu Hammer (im ehemaligen Saal der Wirtschaft "Zur Hammerhöhe"). Getraut wurden sie von Pfarrer Dr. Theodor Däschlein.
(Wenn es nach ihrer Mutter gegangen wäre, hätte sie lieber in einen Bauernhof hineinheiraten und den Sohn Georg vom Schlachter Heinrich Schmidt ehelichen sollen.)
Am 01.07.1940 gab Oma dann ihre Arbeit auf, weil Sohn Hans Michael 27 Tage später zur Welt kam. Damals wohnten sie noch in der Michelfelderstraße, zogen dann aber 1940 in die Herschelstraße um. 1949 wurden die Zwillinge Helga und Ruth geboren, gefolgt von Nachzügler Bernhard 1952. Seitdem lebt Oma auch im gleichen Haus in Nähe vom Stadtpark.
Ihr Bruder Hans wohnte weiterhin in Laufamholz. Mit Mutter und Frau Elli lebte er erst gegenüber der Kirche, dann in der Schmiede Winnerzeile 3 und bis zu seinem Tod in den 90er Jahren in Mögeldorf. Sie haben zwei Söhne, Günther (der schon verstarb) und Siegfried "Siggi".
Tanja Gebhardt
VNL Arbeitskreis für Kultur und Geschichte
Nürnberg Laufamholz