Vorstadtverein
Nürnberg-Laufamholz e.V.
Die Genealogie der Laufamholzer hat Ansgar Wittek in seiner 1984 vorgelegten Stadtteilgeschichte soweit es ihm für sein Anliegen notwendig schien nachgezeichnet. Wir gewinnen damit einen Einblick in eine Schicht, deren Aufgabe der Krieg wie die Verwaltung im Dienste eines Mächtigeren waren und die wir nach den Quellen als „Ministeriales“ – also unfreie Diener – oder Dienstmannen nennen. Zweifellos gehören die Laufenholz zur Schicht der Reichsministerialen, wobei ich Zotz folge und dies bis ins frühe 12. Jh. primär als Funktions- und nicht Standesbezeichnung sehe, was sich in der Zeit der großen Staufer ändern sollte.
Die aus königlicher, kirchlicher oder edelfreier Ministerialität stammenden Geschlechter haben eines gemeinsam: Sie waren zunächst persönlich unfreie Dienstmannen eines Mächtigeren und hatten sich im Zuge der großen Veränderungen des späten 12. und vor allem des 13. Jahrhunderts verbessern können. Entscheidend war hier wohl die Schwächung der Königsmacht im großen Interregnum nach dem Tod König Konradins am 21. Mai 1254 bis zum Regierungsantritt Rudolfs v. Habsburg im Oktober 1273, wobei die Stärkung der geistlichen und weltlichen Territorialherren durch Kaiser Friedrich II. schon zweifellos die Basis für die Partikularisierung des Reiches gelegt hatte. Auch wenn die Ritter und Edelknechte wie im 11. Jh. formal weiterhin zur familia ihres Dienstherren gerechnet werden, so steigen sie doch in die Ebene der Herrschildordnung auf, wo sie die breite Basis bilden. Persönlich frei geworden, konnten sie eigenen Besitz, Allodialgut, erwerben.
Und dieser Allodialbesitz wird im 13. Jahrhundert zur „Familiennamenbildung“ herangezogen: so treten, nur um etliche Beispiele zu nennen, die Adelsheim, Rosenberg, Seckendorff, Wollmershausen und eben auch die Immeldorfer und Laufenholzer als solche in das Rampenlicht der Geschichte. Freilich handelt es sich dabei immer nur um einen Zweig einer mehr oder weniger kopfstarken Sippe und so verwundert es nicht, dass für scheinbar unabhängige Familien zuweilen ein gemeinsamer Spitzenahn nachzuweisen ist. Als Beispiel ließen sich die in den alten Reichslanden bei Nürnberg ansässigen Leonrod-Buttendorf anführen, wie die 1278 genannten Brüder Johannes und Gottfried zeigen, wobei nicht die noch heute eindrucksvolle Ruine Leonrod Stammsitz war, sondern der weitgehend eingeebnete Burgstall bei Buttendorf. Freilich fließen die Schriftquellen aus der entscheidenden Zeit vor der Emanzipation des Niederadels recht spärlich, was nicht nur ein Überlieferungsproblem ist. Bediente sich der Ministerialenadel doch erst relativ spät, ab der Mitte des 13. Jh.s, bei seinen zunächst wenigen Rechtsgeschäften der Schriftlichkeit.
Was waren das nun für Leute, die Ritter von Laufamholz? Individuell können wir es nicht beantworten, ob sie gute Menschen oder Bösewichte, tüchtig oder faul gewesen sind, wir können sie nur als Mitglieder einer, ihrer, sozialen Schicht erfassen. Zunächst: Sie stammten sicherlich nicht aus Laufamholz. Ich sehe zudem keinen Beweis, dass die Brüder Brun, Ulrich, Heinrich und Konrad Söhne des 1200 als Verwalter des Reichsgutes Mögeldorf und 1213 als Butigler in Nürnberg genannten Reimar waren. Auch wenn die Lebensdaten (wir haben ja nur Nennungen!) passend sind, spricht doch (und entscheidend) dagegen, dass der patrilineare Leitname Reimar über die namentlich ungenannt gebliebene Schwester der Laufenholzer in die Familie gekommen ist (und Reimar 1261 von Konrad v. Laufenholz ja auch als cognatus meus, also Schwesterkind, bezeichnet wird).
Sehen wir uns weiter um: 1222 kommt es zu Differenzen zwischen dem Ritter Burchard von Im¬meldorf (bei Lichtenau) und dem Priester Ulrich von Dornhausen, Kanoniker zu Herrieden und Pfarrer zu Aha (südl. Gunzenhausen) wegen des Patronats der Kapelle zu Pflaumfeld (Heidingsfelder Nr. 597). 1241/¬42 machen die Brüder des Deutschen Hauses in Nürnberg bekannt, dass der Vorgänger des jetzigen Komturs Berthold, Konrad, der zwischen 1236 und 1241 amtiert hat, dem Albrecht von Immeldorf eine Mühle in Dietenhofen verkauft hat (NUB Nr. 284). 1243 tritt uns dann – zeitgleich mit einem ziemlich am Ende einer Zeugenreihe stehenden Bruno de Norinberc (NUB 317) – ein Bruno v. Immeldorf entgegen. Ein Bruno von Immeldorf fungiert 1245 Juli 18 als Zeuge, als Bischof Heinrich von Eichstätt dem Grafen Ludwig d.J. von Oettingen Lehen in Hagenbuch verleiht (MB 49 Nr. 46). 1246 taucht in einer Schenkung an die Magdalenerinnen in der Zeugenreihe ein Bruno filius Reimari auf (NUB 332); warum nach dem Vater und nicht nach Stand und Sitz benannt? Zwei Jahre später, 1248 Juni 24, steht Bruno dapifer von Immeldorf in der Zeugenreihe der Einigung Bischof Friedrichs mit Gerhard von Hirschberg wegen etlicher Rechte in der Stadt und im Hochstift Eichstätt stehen (MB 49 Nr. 50).
1273 schenkt ein Bruno v. Immeldorf, sicherlich mit Zustimmung seiner in der Urkunde genannten Brüder Konrad und Heinrich v. Laufenholz sowie der durch ihren Sohn Reimar vertretenen Schwester, die Gerasmühle und Deutenbach an Kloster Engelthal. Eine Schenkung vielleicht am Lebensabend für das Seelenheil, denn weitere Nennung des Bruno sind nicht mehr bekannt. Möglicherweise ist es wirklich dieser Bruno, der sich 1269 nach Schönberg nennt oder benannt wird und diese Burg wohl in Gemeinschaft mit den bereits 1255 dort genannten Brüdern Leupold und Eberhard v. Schönberg innehat. Allerdings ist nicht zu beurteilen, ob der bis in das 15. Jh. als Reichslehen genannte Besitz der Laufenholz in Schönberg, so empfängt etwa Konrad 1405 März 26 einen Hof und ein Gut (Reg. Imp.), auf diese Wurzeln zurückgeht. Ebenso herrsc¬ht über das 1248 greifbare, später wohl aufgegebene oder verlorene eichstättische Truchs¬essenamt Unklarheit. Im übrigen zeigt das Beispiel Schönberg deutlich, dass auch gleiche „Familiennamen“ keineswegs genealogische Beziehungen ausdrücken und bei der Konstruktion von Filiationen – also direkten Abstammungen – Vorsicht angebracht ist. Deshalb meine ich, dass es sich angesichts der Umstände bei Bruno de Norinberc sowie Bruno, dem Sohn Reimars, und dem Ritter Bruno, der sich nach Immeldorf und Schönberg nannte und nachweisbar ein Bruder der Laufenholzer war, vielleicht doch um zwei oder gar drei verschiedene Personen handeln dürfte.
Es drängt sich damit die Frage auf, ob die Wurzeln der Ritter von Laufamholz nicht bei Nürnberger Reichsdienstmannen, sondern in der eichstättischen Ministerialität oder bei den Reichsministerialität um Ansbach, dem Machtbereich der Dornberger, der staufischen Untervögte über das Stift St. Gumbert, gesucht werden müssen? Wir dürfen die überregionale Spannkraft solcher „Beamtenfamilien“ nicht unterschätzen. Sicher ist jedoch bislang nur, dass die Laufamholzer Teil einer verzweigten Ministerialensippe sind, die wohl auch in eichstättische Hofdienste gelangte, dann aber wie andere ihrer Standesgenos-sen zur Sicherung der wichtigen Verbindung zwischen dem Reichsgut um Nürnberg und den um Eger eingesetzt worden sind.
Nicht vergessen möchte ich den Hinweis, dass – wenn wir von Familie reden – wir immer noch unser seit dem Hochmittelalter als eine Folge des Investiturstreits dominierendes Modell von Mann, Frau und (legitimen) Kind(ern) vor Augen haben. Die anderen, dem geistlich und sozial motivierten Zugriff der Kirche erlegenen und bis zum 13. Jh. vielleicht auf der Ebene des Ritteradels noch vorhandenen Modelle, wie etwa der Friedelehe, sind heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Vielleicht müssen wir für die Zeiten, denen wir uns jetzt gewidmet haben, unsere Fragen nach der Filiation, der Familie und nach familiären Zusammenhängen einfach anders formulieren.
Grundsätzlich ist die Wichtigkeit der bis in die Einzelheiten sicher nie mehr klärbaren genealogischen Zusammenhänge nicht zu bestreiten. Sie gilt nicht nur für die heutige Wertung besitzgeschichtlicher und damit territorialpolitischer Vorgänge, sondern auch für die rechtliche und sozioökonomische Einbettung der ritteradeligen Familien und ihr eigenes Selbstverständnis. Das diffizile Verwandtschaftsgerüst mit dem der große Wolfram v. Eschenbach nicht nur die Menschen (oder sollen wir sagen: Charaktere) seiner genialen Schöpfungen „Parzival“ und „Willehalm“ ausgestattet hat, sondern auch die Pferde, beweist deutlich wie kein anderes Beispiel den Wert der Sippenverbände (und darüberhinaus auch die Wertschätzung für die Ritterpferde).
Der sechste Herrschild, der Stand der Einschildritter, die nur Lehen nehmen, aber keine mehr vergeben konnten und deren Aufgebot nur in einem einzigen, nämlich ihrem eigenen Schild bestand, bildete keinen monolithischen Block, sondern war in sich wiederum geschichtet. Für die Fremd- wie Selbsteinschätzung einer Familie war nicht allein der materielle Besitz ausschlaggebend, sondern auch das am Anfang der „Familiengeschichte“ stehende Dienstverhältnis. Noch im 16. Jahrhundert muß das Prestige der alten Reichsdienstmannensippen demjenigen der landesherrlichen überlegen gewesen sein. Denn nur so ist erklärbar, dass die eng mit dem Hause Zollern verbundenen Seckendorff, die im 14. Jahrhundert in die oberen Positionen des Niederadels einrückten und mit Burkard v. Seckendorff-Jochsberg (1332–1365) an der Schwelle zur eigenen Territorialherrschaft gestanden haben, versuchten, mit Hilfe einer Wappensage ihre Nobilitierung dem Kaiser Heinrich II. (1002–1024) unterzuschieben. Doch wenn sich das Haus Habsburg auf Aeneas zurückführte, wer mag einem fränkischen Reichsritter verdenken, wenn er doch nur ein wenig vom kaiserlichen Glanz okkupiert?
Allen Ritteradeligen war gemeinsam, dass sie (wenn auch nicht nur) von Grundrenten lebten, Gerichtsherrschaft ausübten und durch ein gemeinsames Gruppengefühl verbunden waren und selbstredend waren sie passiv lehenfähig und konnten in Ausnahmefällen sogar Aktivlehen an Einschildritter und Bürger vergeben.
Freilich ziehen sich die Laufamholzer in einen Jahrzehnte dauernden Prozeß schon vor Mitte des 14. Jh.s aus der Umgebung der ausgreifenden Reichsstadt zurück und setzen sich in Reichmannsdorf, Ober- und Untermelsendorf bei Schlüsselfeld fest. Allerdings gelang dem Geschlecht die dauerhafte Etablierung in der Reichsritterschaft nicht; für ein biologisches Überleben waren drei männliche Vertreter in einer Generation wohl einfach zu wenig: 1537 erlosch das Geschlecht im Mannesstamm mit Wilhelm v. Laufenholz zu Melsendorf – der Wappenschild wurde gestürzt. Der Schild war geteilt, oben Gold und unten 4 zu 4 zu 2 geschacht von Silber und Blau. So gibt es jedenfalls die älteste mir bekannte Tingierung von 1583 aus einem Nürnberger Wappenbuch wieder (StAN, Rst N, Hs. 223, fol. 1) und auch das vom Maler Paul Reinhard gestaltete Wappenbuch des Heinrich Maximilian Ölhafen von ca. 1587 (ebenda 225, fol. 71) zeigt das Wappen so. Wenngleich manches für diese Tingierung spricht, so ist aber doch zu beachten, dass zu dieser Zeit der Schild der Laufamholzer schon 50 Jahre gestürzt war. Und die Siegel, wobei ich relativ gut erhaltene, wie dasjenige am Lehenrevers des Eberhard v. Laufenholtz gegen Markgraf Albrecht von Brandenburg 1482 Dez. 28 über Güter in Neustadt a.d. Aisch (Fm AN, Lehenurk. 3106), nur aus dem 15. Jh. ermitteln konnte, zeigen uns zwar das Wappenbild, aber nicht dessen Einfärbung.
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750 Jahre Laufamholz